Ob eine Personalentwicklungs-Maßnahme in einem Team erfolgreich ist, hängt von vielen Faktoren ab. Ein wesentlicher ist das Engagement der Führungskräfte. Wir berichten aus der Praxis, erklären, wieso die Mitwirkung der Führungsebene in der Personalentwicklung so wichtig ist – und zeigen, wie Sie diese Mitwirkung in Ihrer Organisation einfordern.
Erinnern Sie sich an Ihren letzten Team-Tag: Sie haben die gesamte Abteilung zusammengeholt. Sie haben einen tollen, engagierten Trainer gefunden. Sie kennen die Probleme der Abteilung und haben die Inhalte punktgenau auf das Team abgestimmt. Und trotzdem: Bei Fragen herrscht betretenes Schweigen, die Teilnehmer schauen auf den Boden oder ihre Handys, und die Gruppenaufgaben kommen – wenn überhaupt – nur schleppend vom Fleck. Was ist denn nur mit allen los?
Aus langer Erfahrung unserer Trainer und Moderatoren im Institut für Verhaltensökonomie wissen wir, dass so ein Zustand verschiedene Gründe haben kann. Im Folgenden wollen wir eine mögliche Ursache durchleuchten – und dazu müssen wir unseren Blick in die Ecke des imaginären Schulungsraums richten und auf die dort mit verschränkten Armen sitzende, desinteressierte Führungskraft.
Die Führungskraft als Leuchtturm des Teams
Es ist für die Durchführung von erfolgreichen Personalentwicklungs-Maßnahmen enorm wichtig, dass sich die Teamleitung aktiv beteiligt. Die Führungskraft strahlt auf ihr Team ab. Unsere Erfahrungen, aber auch wissenschaftliche Studien belegen, dass eine negativ eingestellte Teamleitung nur zu oft den Tenor einer Veranstaltung bestimmt.
So belegt Prof. Dr. Stephan Buchhester in seiner Abhandlung „Der Einfluss von individuellen und organisationalen Faktoren auf den wahrgenommenen Weiterbildungserfolg“ den „unmittelbare[n] Zusammenhang zwischen der Einstellung der Mitarbeiter zu Weiterbildungen und und den Einstellungen [ihrer] Vorgesetzten“ (Buchhester 115). Dies zeigt sich auch in der folgenden Abbildung:
Quelle: Buchhester S. 116, Abb. 32
Daraus leitet sich, so Buchhester, aber auch die Verantwortung der Führungskraft ab: Der Erfolg von Weiterbildungen kann demzufolge nur erreicht werden, wenn sich die Führungskraft ihrer Leuchtturm-Wirkung auf die Mitarbeiter bewusst wird und sich diese zunutze macht (116). Was die Mechanismen hinter der Vorbildfunktion sind, das erklärt vielleicht das folgende Beispiel.
IfVoe, das Schulamt der Personalentwicklung
Um zu verstehen, welche Rolle die Teamleitung bei Entwicklungsmaßnahmen hat, hilft vielleicht ein Bild. Stellen Sie sich eine Deutschlehrerin vor. Die nächste Lektüre steht an und die Lehrerin haut ein Buch auf den Tisch mit den Worten: „Also meiner Ansicht nach ist das ja Schund, aber das Schulamt schreibt es eben vor!“. Was glauben Sie: Wie viele Schüler der Klasse haben danach noch Lust, sich mit dem Buch zu beschäftigen?
Wir vom Institut für Verhaltensökonomie sind in diesem Vergleich quasi das Schulamt. Allerdings haben wir die Chance, uns aktiv mit dem Lehrkraft, also der Teamleitung, über den Lernstoff auseinanderzusetzen. So können wir sowohl das Wissen der Teamleitung über ihr Team einholen als auch im Gegenzug unsere Vorgehensweise erklären. Und das, bevor die eigentliche Personalentwicklungs-Maßnahme überhaupt anfängt. Aus Erfahrung wissen wir, wie bedeutsam das ist. Klar ist, dass die Schüler, oder eben die Teilnehmer der Maßnahme, am Ende selbst lernen und sich eigenständig beteiligen müssen. Dabei gibt es mehr als ein Hürde zu überwinden. Essenziell ist dennoch, vorab die richtigen Weichen zu stellen, damit die Maßnahme überhaupt fruchten kann.
Wie wir die Führungskraft in die Personalentwicklung einbinden
Aber wie genau bindet man nun die Führungskraft aktiv in die Personalentwicklung ein? In der Beziehung zwischen Organisation und Dienstleister sollen beide von der Expertise des anderen profitieren, ohne die jeweiligen Kompetenzen anzuzweifeln. Es muss klar sein, das beide das gleiche Ziel haben, und zwar eine nachhaltige Entwicklung der Mitarbeitenden im Team.
Aber was geschieht nun rein praktisch? Im Institut für Verhaltensökonomie legen wir immer Wert darauf, vor Team-Maßnahmen in den intensiven Austausch mit der Teamleitung zu gehen. Telefonisch oder persönlich (je nach Umfang auch beides) besprechen wir in der Auftragsklärung die Ziele und geplanten Methoden der Maßnahme. Dabei geht es unter anderem um folgende Fragen:
- Wo sitzt der größte Schmerz? Was sind die größten Probleme im Team?
- Was sind Ihre Erwartungen an die Schulung/Maßnahme? Welches Ergebnis erhoffen Sie sich davon?
- Was sind Reizthemen? Gibt es etwas, das eher nicht (oder nicht sofort) besprochen werden soll?
- Welche Methoden kennt das Team von anderen (erfolgreichen) Personalentwicklungs-Maßnahmen? Welche sind besonders beliebt oder unbeliebt? Gibt es Vorurteile gegenüber bestimmten Techniken?
- Was ist die Organisationsstruktur Ihres Teams? Welche Rollen gibt es?
Die Teamleitung im Rollenspiel
Was wir in einem solchem Gespräch abfragen, sind konkrete Beispiele, nicht nur Überschriften. Dass es Probleme „mit der Kommunikation“ gibt, hilft uns als einsame Information wenig. Wir wollen wissen, welche Art der Kommunikation es ist, welche Parteien involviert sind und was das Ziel der jeweiligen Gespräche ist. Deswegen ist es als Personalberatungsinstitut elementar, das Gespräch mit der Teamleitung zu nutzen, um derartige Informationen detailliert abzufragen. Und natürlich auch, um im Nachhinein eine Erfolgskontrolle der Personalentwicklung durchzuführen.
Wir involvieren die Teamleitung nicht nur im Hintergrund, sondern auch so, dass es für die Mitarbeiter ersichtlich ist. Zum Beispiel haben wir in der Vergangenheit die Teamleitung in Rollenspiele oder Gruppenübungen eingebunden. So wird den Mitarbeitern klar, dass Ihre Vorgesetzte oder Ihr Vorgesetzter die Personalentwicklung unterstützt – und gegebenenfalls auch, dass er oder sie sich einmal selbst auf die Schippe nehmen kann.
So profitieren Mitarbeiter von engagierten Führungskräften
Natürlich ist es mit einem gewissen Aufwand und einiger Vorarbeit verbunden, die Teamleitung so stark in die Personalentwicklung einzubinden. Dass es sich dennoch lohnt, zeigt sich besonders gut an drei Themenkomplexen:
Praxisnah arbeiten
Die Schmerzpunkte eines Teams richtig einschätzen zu können, bewirkt oft Wunder. Denn auch ganz kleine Veränderungen können zu viel größerer Arbeitszufriedenheit und Motivation führen, gerade bei praktisch arbeitenden Teams. So sorgte eine Tafel mit den wichtigsten Ansprechpartnern bei einem unserer Kunden für Transparenz – und ein deutlich besseres Arbeitsklima.
Gerade bei Mitarbeitern, die tief in der Materie stecken, ist Authentizität extrem wichtig. Praxisferne Beispiele etwa können die Glaubwürdigkeit einer gesamten Maßnahme herabsetzen. Mit der entsprechenden Vorarbeit erkennen wir relevante Details zur Arbeit des Teams und können diese in die Maßnahme einbinden.
Die Sprache des Teams sprechen
Die Sprache des Teams – das ist nicht nur im erweiterten Sinn die Mentalität und Herangehensweise der Gruppe, es ist auch ganz konkret der sprachliche Ausdruck. Wenn die Personalentwicklung einen anderen Jargon nutzt als das Team, dann wird sie schlichtweg nicht verstanden. Daher berücksichtigen wir das bei der Gestaltung der Personalentwicklung: Welche Fachausdrücke werden benutzt? Welche Art der Kommunikation sind die Teilnehmer gewohnt? Wie ist der Tonfall im Team?
Ganz wichtig hier: Kleinteilig denken. In ein und derselben Firma kann es ganz unterschiedliche Teamstrukturen und Kommunikationsmuster geben. Nur wer sich intensiv mit dem konkreten Teilnehmerkreis beschäftigt, trifft auch den richtigen Ton.
Langfristig Qualität sichern
Externe Personaldienstleister verlassen das Unternehmen immer irgendwann. Aber auch wir arbeiten nicht nach dem Motto „Nach uns die Sintflut“. Unsere Maßnahmen, das gebietet schon der professionelle Stolz, sollen auch langfristig Wirkung zeigen. Und das funktioniert nur, wenn die Führungskraft an Bord ist. Vorarbeit ist dabei der erste Schritt zur Qualitätssicherung: Nicht zuletzt braucht man die Einbindung der Teamleitung deswegen, weil sie dafür Sorge trägt, dass die erfolgreiche Personalentwicklung anhält. Deswegen versuchen wir vom Institut für Verhaltensökonomie von Anfang an, den Weg für eine langfristige Entwicklung zu ebnen und mit der Teamleitung auch über die nächsten Schritte zu sprechen.
Referenzen
Buchhester, Stephan: Bildungscontrolling. „Der Einfluss von individuellen und organisationalen Faktoren auf den wahrgenommenen Weiterbildungserfolg“, in: Gust, M./ Weiß, R. (Hrsg.): Praxishandbuch Bildungscontrolling. Bildungscontrolling für exzellente Personalarbeit. Konzepte- Methoden- Instrumente- Unternehmenspraxis, USP-Publishing, München 2005, S.105-119.